Beziehungsqualität

Pflegende An-/Zugehörige sowie die gepflegte Person haben häufig den Wunsch, dass die gepflegte Person so lange wie möglich zu Hause bleiben kann. Diese Situation kann zwar für pflegende An-/Zugehörige mit verschiedenen Belastungen verbunden sein, bringt aber unter anderem auch gesellschaftliche, insbesondere gesundheitsökonomische Vorteile mit sich (Wübker et al., 2015). Viele verschiedene Faktoren wirken beim „Gelingen“ einer häuslichen Pflegesituation mit.

Ein derartiger Faktor von erheblicher Bedeutung ist eine gute Beziehungsqualität zwischen pflegenden An-/Zugehörigen und der gepflegten Person. Wissenschaftliche Ergebnisse belegen, dass eine gute Beziehungsqualität die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass die zu pflegende Person von Zuhause in eine Alten- oder Pflegeheim wechselt (Spruytte et al., 2001). Außerdem steht eine gute Beziehungsqualität mit einer geringeren wahrgenommenen Belastung durch die häusliche Pflege (siehe auch (Häusliche-Pflege-Skala (Langform) und Häusliche-Pflege-Skala (Kurzform)), mit mehr erlebten positiven Seiten in der häuslichen Pflegesituation (siehe auch (Benefits of Being a Caregiver Scale)) und mit geringeren Depressivitätswerten bei pflegenden Angehörigen in Zusammenhang (Lum et al., 2014; Tanji et al., 2008).

Ziel der Neuentwicklung zur Erfassung der Beziehungsqualität zwischen pflegendem An-/Zugehörigen und der gepflegten Person war es,

  • das zu messende Konstrukt in einer leicht verständlichen Form zu präsentieren (Ergebnis: Verwendung einer Bildsprache),
  • mit einem möglichst geringen Umfang auszukommen (Ergebnis: nur 1 Item), um damit
  • eine hohe Akzeptanz für ein teilweise tabuisiertes Thema (Beziehungsqualität) zu erzielen.

Ergebnis dieses Entwicklungsprozesses ist die Bewertung der Beziehungsqualität anhand einer Smiley-Skala mit drei Antwortmöglichkeiten:

Die Validierung des Items zur Beziehungsqualität zwischen pflegendem An-/Zugehörigen und der gepflegten Person erfolgte anhand einer Stichprobe von 962 pflegenden An- und Zugehörigen (Becker et al., 2024) mit einem Durchschnittsalter von 62 Jahren (75,6 % Frauen). 

Die Validität des Items wurde anhand folgender Hypothesen überprüft:

  • H1: Die Beziehungsqualität korreliert negativ (invers) mit der wahrgenommenen subjektiven Pflegebelastung (gemessen mit der Kurzform der Häusliche-Pflege-Skala, HPS-k; Graessel et al., 2014).
  • H2: Die Beziehungsqualität korreliert positiv mit den wahrgenommenen positiven Seiten der Pflegesituation (erfasst mit der deutschen Übersetzung der „Positive Aspects of Caregiving Scale“ (PAC); Tarlow et al., 2004).
  • H3: Die Beziehungsqualität korreliert positiv mit der intrinsischen Pflegemotivation (erfasst mit Hilfe des Items „Was ist für Sie der Hauptgrund, die Pflege zu Hause durchzuführen?“ und der von den Befragten ausgewählten Antwort: „Ich pflege aus Zuneigung zu dem/der gepflegten Person.“).
  • H4: Die Beziehungsqualität korreliert negativ (invers) mit der extrinsischen Pflegemotivation (erfasst mit Hilfe des Items „Was ist für Sie der Hauptgrund, die Pflege zu Hause durchzuführen?“ und der von den Befragten ausgewählten Antwort: „Ich pflege, weil ich mich der gepflegten Person gegenüber verpflichtet fühle.“).

Ergebnisse: Die Antwort zur Beziehungsqualität hing negativ mit der subjektiven Pflegebelastung und der extrinsischen Pflegemotivation zusammen, das heißt, die positive Einschätzung der Beziehungsqualität (das „lachende Smiley“ wurde angekreuzt) korrelierte signifikant mit einer niedrigeren subjektiven Pflegebelastung und signifikant seltener mit einer extrinsischen Pflegemotivation. Es wurde ein positiver Zusammenhang mit den wahrgenommenen positiven Seiten der Pflegesituation und der intrinsischen Pflegemotivation festgestellt, das heißt, die positive Einschätzung der Beziehungsqualität (das „lachende Smiley“ wurde angekreuzt) korrelierte signifikant mit mehr wahrgenommenen positiven Seiten der Pflegesituation und signifikant häufiger mit der intrinsischen Pflegemotivation.

Somit konnten alle vier Hypothesen zur Validität der Einstufung der Beziehungsqualität zwischen pflegendem An-/Zugehörigen und der zu Hause gepflegten Person bestätigt werden. Nähere Ausführungen hierzu sind bei Becker et al. (2024) zu finden. 

Ein Hinweis zur Auswertung: Bei wissenschaftlichen Auswertungen (Analyse von Stichprobenergebnissen) kann es sinnvoll sein, das „neutrale Smiley“ und  das „traurige Smiley“ zu einer Kategorie „Beziehungsqualität eher negativ“ zusammenzufassen. Damit wird der Effekt der sozialen Erwünschtheit (Scheu, eine „negative“ Beziehungsqualität zuzugeben und dafür lieber das „neutrale Smiley“ anzugeben) minimiert. Es verbleiben dann zwei Auswertungskategorien: „Beziehungsqualität eher positiv“ (das „lachende Smiley“ wurde angekreuzt) versus „Beziehungsqualität eher negativ“ (das „neutrale Smiley“ oder das „traurige Smiley“ wurden angekreuzt).

wird derzeit bearbeitet

Becker, L., Graessel, E., & Pendergrass, A. (2024). Predictors of the quality of the relationship between informal caregiver and care recipient in informal caregiving of older people: presentation and evaluation of a new item. BMC Psychology12(1), 342.

Graessel, E., Berth, H., Lichte, T. & Grau, H. (2014). Subjective caregiver burden: validity of the 10-item short version of the Burden Scale for Family Caregivers BSFC-s. BMC Geriatrics, 14, 1-9.

Lum, H. D., Lo, D., Hooker, S., & Bekelman, D. B. (2014). Caregiving in heart failure: relationship quality is associated with caregiver benefit finding and caregiver burden. Heart & Lung43(4), 306-310.

Spruytte, N., Van Audenhove, C., & Lammertyn, F. (2001). Predictors of institutionalization of cognitively‐impaired elderly cared for by their relatives. International Journal of Geriatric Psychiatry16(12), 1119-1128.

Tanji, H., Anderson, K. E., Gruber‐Baldini, A. L., Fishman, P. S., Reich, S. G., Weiner, W. J., & Shulman, L. M. (2008). Mutuality of the marital relationship in Parkinson’s disease. Movement Disorders23(13), 1843-1849.

Tarlow, B. J., Wisniewski, S. R., Belle, S. H., Rubert, M., Ory, M. G., & Gallagher-Thompson, D. (2004). Positive aspects of caregiving: Contributions of the REACH project to the development of new measures for Alzheimer’s caregiving. Research on Aging26(4), 429-453.

Wübker, A., Zwakhalen, S. M., Challis, D., Suhonen, R., Karlsson, S., Zabalegui, A., … & Sauerland, D. (2015). Costs of care for people with dementia just before and after nursing home placement: primary data from eight European countries. The European Journal of Health Economics16(7), 689-707.

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Pflegende An-/Zugehörige (CG)